Als "Inkorporierte Bistümer des Deutschen Ordens" werden im Allgemeinen die Bistümer Kurland, Samland, Kulm und Pomesanien bezeichnet. Hierzu kamen zeitweise noch das Erzbistum Riga und das Bistum Reval.
Faktisch war keines der Bistümer dem Deutschen Orden jemals inkorporiert, sondern lediglich deren Domkapitel, was natürlich eine direkte Auswirkung aus auf die Bistumswahl hatte.
Im folgenden soll die Situation der Bistümer betrachtet werden
Die Bistümer
Der Deutschordensstaat bestand aus der Kirchenprovinz Riga. Diese bestand aus dem Erzbistum Riga und den Bistümern Ösel-Wiek, Reval, Dorpat, Kurland, Samland, Kulm, Pomesanien und Ermland.
In den Bereichen des Bistums stand dem Bischof ein Drittel allen Landes zu. Von diesem musste er jedoch wiederum ein Drittel des Landes an sein Domkapitel abgeben.
War der Bischof auch der Landesherr in seinen Gebieten, wie auch die Domkapitel in den ihrigen Gebieten, so stand beiden jedoch keine eigenständige Außenpolitik zu. Diese wurde durch den Deutschen Orden wahrgenommen. Ebenso stand es um die militärische Macht. Zwar rekrutierte der Bischof und das Domkapitel eigene Soldaten, diese unterstanden aber im Letzten dem Deutschen Orden.
Beide, Bischof und Domkapitel, konnten Steuern einnehmen, befanden sich jedoch in weiten Phasen in einer Abhängigkeit. So mussten sie die Erschließung des Landes erst einmal vollziehen. Dies führte gerade in der Frühphase dazu, dass die Bischöfe oftmals als Weihbischöfe im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation tätig waren, da ihnen das zugewiesene Territorium den Lebensunterhalt nicht sichern konnte.
Bei den Domkapiteln hielt dieser Zustand bis zum Schluss an, so dass sie nie alle Kanonikate besetzen konnten.
Eine Ausnahme bildete lediglich das Bistum Reval, in welchem der Bischof niemals Landesherr war. Dieses gehörte ursprünglich zu Schweden, wo dem Bischof lediglich der Erwerb von Gütern gestattet war.
Bischöfe, die nicht dem Deutschen Orden angehörten, oftmals durch die Hochmeister selbst durgesetzt, mussten nach ihrer Wahl dann in den Orden eintreten. Dies wurde von den Domkapiteln und dem Hochmeister zur Wahlvoraussetzung gemacht.
Die Domkapitel
Vom Deutschen Orden als Quasi-Konvente begründet, gehörten zu den inkorporierten Domkapiteln Kurland, Samland, Kulm und Pomesanien. Die Domkapitel von Riga und Reval haben erst später die Regel des Deutschen Ordens angenommen und sich damit als Gemeinschaft in den Deutschen Orden integriert.
Um Domherr zu werden, musste man Ordenspriester des Deutschen Ordens zu sein. Die Domkapitel schlugen also dem Hochmeister einen Ordenspriester vor, welchen sie für geeignet hielten. Normalerweise ging es aber umgekehrt, dass der Hochmeister ihnen einen Ordenspriester vorschlug, den sie dann auch in ihre Reihen aufnahmen.
Keines der Domkapitel hat je die volle Zahl von 12 Kanonikern erreicht, da es aus seinen Ländereien keinen genügenden Lebensunterhalt ziehen konnte. Zumeist dümpelten die Kapitel zwischen 4 und 6 Mitgliedern.
Da die Domkapitel der Regel des Deutschen Ordens folgten, unterschied sich ihr Leben nicht wirklich von dem der anderen Ordenspriester, doch waren sie keinen Komturen, Landkomturen und eigentlich auch kaum noch dem Hochmeister unterworfen.
Von Bedeutung waren sie, da sie den jeweiligen Bischof wählten. Dieser kam, wie überall, gewöhnlich aus den eigenen Reihen. Erst im späten Mittelalter begann dies zu durchbrechen. Haben doch die Päpste eigene Personen einfach ernannt oder der Hochmeister eine eigene Person zur Wahl vorgeschlagen. Letzteres konnte man nicht ignorieren, war doch der politische und wirtschaftliche Druck so enorm, dass er bereits zur Existenzbedrohung werden konnte. Die Hochmeister waren es dann auch, welche erstmals Bischofskandidaten ins Rennen brachten, welche nicht dem Orden angehörten.
Niemals dem Deutschen Orden inkorporiert oder seine Regel befolgend, waren die Domkapitel der Bistümer Ösel-Wiek, Dorpat und Ermland.
Erzbistum Riga
(lat. Rigensis)
Kathedrale: Riga (St. Marien)
Residenz des Bischofs: Burg Kokenhusen; Burg Ronneburg
Einkommen: 800 fl (1186/1484)
Residenz des Domkapitels: Kathedrale zu Riga; zeitweise Burg Kremon
Burgen des Bischofs: Dalen, Sunzel, Daltow, Kokenhusen, Kreutzburg, Zargrad, Schwanenburg, Smilten, Treiden, Nabben, Wainsel, Lemsal, Salis, Pebalg, Sesswegen, Laudohn
Orden: Deutscher Orden; Dominikaner (Riga)
Diözesangebiet: Stadtmark Riga, Komturei Marienburg, Komturei Wenden, Komturei Segewold, Komturei Dünamünde, Ascheraden, Komturei Dünaburg, Vogtei Selburg, Vogtei Rositten
Das 1186 begründete Bistum wurde 1201 von Üxküll nach Riga verlegt und war ein Suffraganbistum des Erzbistums Bremen-Hamburg. Am 20. Januar 1255 zum Erzbistum und Metropoliten der Baltischen Kirchenprovinz erhoben, wurde es bereits 1561 wieder aufgehoben.
Bistum Kurland
(lat. Curoniensis)
Kathedrale: Hasenpoth (St. Johannes Evangelist)
Residenz des Bischofs: Pilten
Einkommen: 100 fl (1227/1500)
Burgen des Bischofs: Amboten, Neuhausen, Edwahlen, Angemünde, Dondangen
Diözesangebiet: Komturei Goldingen, Komturei Windau, Komturei Doblen, Komturei Mitau, Komturei Bauske, Vogtei Grobin, Vogtei Kandau
Fläche: 4.500 km²
Das Bistum wurde 1219 errichtet und gehörte der Kirchenprovinz Riga an.
Bistum Kulm
(lat. Culmensis)
Kathedrale: Kulmsee (Hll. Dreifaltigkeit)
Residenz des Bischofs: Kulmsee, Burg Löbau
Einkommen: 700 fl (1245/1495)
Residenz des Domkapitels: Kulmsee
Burgen des Bischofs: Löbau, Briesen, Althausen
Orden: Deutscher Orden; Brüder vom gemeinsamen Leben (Kulm); Zisterzienserinnen (Kulm)
Diözesangebiet: Komturei Gaudenz, Komturei Althaus, Komturei Engelsburg, Komturei Engelsburg, Komturei Strasburg, Komturei Schönsee, Komturei Papau, Komturei Gollub, Komturei Birgelau, KomtureiThorn, Komturei Rheden, Komturei Brattian, Komturei Nessau, Vogtei Roggenhausen, Vogtei Leipe, Dobriner Land
Das Bistum wurde im Jahre 1253 errichtet. Möglicherweise gehörte es ursprünglich der Kirchenprovinz Bremen-Hamburg an , ab 1255 jedoch der Kirchenprovinz Riga. Der Bischof residierte von 1257 bis 1773 seinen Sitz auf Burg Löbau.
Bistum Pomesanien
(lat. Pomesaniensis)
Kathedrale: Marienwerder (St. Marien)
Residenz des Bischofs: Burg Riesenburg
Einkommen: 1100 fl (1261/1427); 700 fl (1440/1500)
Residenz des Domkapitels: Marienwerder
Burgen des Bischofs: Riesenburg, Rosenberg, Landschaft Pogesanien
Diözesangebiet: Bischöfliche Landschaft Löbau; Komturei Christburg, Komturei Osterrode, Komturei Marienburg
Das Bistum wurde am 29. Juli 1243 begründet. Möglicherweise gehörte es ursprünglich der Kirchenprovinz Bremen-Hamburg an , ab 1255 jedoch der Kirchenprovinz Riga. 1577 wurde dem Bistum das Bistum Samland fusioniert.
Bistum Samland
(lat. Sambiensis)
Kathedrale: Königsberg (St. Maria und Adalbert)
Residenz des Bischofs: Fischhausen
Einkommen: 800 fl (1252/1500)
Residenz des Domkapitels: Königsberg
Diözesangebiet: Bischofsgebiet, Komturei Memel, Komturei Ragnit, Komturei Königsberg
Das Bistum wurde am 29. Juli 1243 begründet und gehörte der Kirchenprovinz Riga an. Am 10. Dezember 1525 aufgehoben, wurde das Gebiet des Bistums mit dem Bistum Pomesanien fusioniert.
Bistum Reval
(lat. Revaliensis)
Kathedrale: Reval
Residenz des Bischofs: Reval
Einkommen: 300 fl (1457/93)
Burgen des Bischofs: Fegefeuer (Kiviloo), Borkholm
Diözesangebiet: Komturei Reval, Vogtei Jerwen, Vogtei Wesenberg, Vogtei Tolsburg, Vogtei Narwa, Vogtei Neischloss
Das Bistum wurde im Jahre 1219 begründet und gehörte der Kirchenprovinz Lund an. Nach 1374 wurde es in die Kirchenprovinz Riga überführt und der Bischof, welcher ohne Landesherrschaft war, wurde 1521 Reichsfürst.
(Autor: P. Damian Hungs OT)